Interview mit einer Wunscherfüllerin aus dem Jahr 2020

Sternentraum 2000 e.V. erfüllt nun schon seit 20 Jahren Herzenswünsche. Wie läuft das denn eigentlich ab? Und wie beinflußt Corona die Arbeit von Sternentraum? Wir haben im Interview mit Wunscherfüllerin Tanja Hanisch einmal genauer nachgefragt.

Frau Hanisch, Sie arbeiten ehrenamtlich für den Verein Sternentraum als Wunscherfüllerin. Wie muss man sich das vorstellen?

Wir sind alle ausschließlich ehrenamtlich tätig und bestimmen selbst, wie viel Zeit wir dafür aufbringen. Unser Traumteam Daniela Belz erhält alle eingehenden Wünsche und führt ein Erstgespräch mit den Familien. Dann werden die Wünsche dem Team vorgestellt und die Ehrenamtlichen können sich dafür melden. Derjenige, der den Wunsch übernimmt recherchiert nun die nötigen Ansprechpartner und wickelt alles Organisatorische ab. Währenddessen wird die Familie immer auf dem Laufenden gehalten, bis es dann losgeht.

Welche Wünsche kommen denn da so?

Das ist sehr unterschiedlich. Oft wird ein persönliches Treffen von Stars oder Fußballern neuerdings auch Influencern gewünscht, aber auch Wünsche rund um Tiere stehen hoch im Kurs. Viele Kinder wünschen ein besonderes Fahr- oder Flugerlebnis, wie z.B. Dampflok, ICE, Schlepper, Hubschrauber, Segelflugzeug oder Ballon. Junge Erwachsene wünschen sich manchmal auch eine Fahrstunde im Auto, da sie selbst oft keinen Führerschein machen können. Der Wunsch eines Besuchs in einem Freizeitpark mit der Familie kommt ebenfalls häufig vor. Gelegentlich erfüllen wir auch Sachwünsche wie z.B. ein umgebautes Fahrrad.

Ist es nicht auch emotional belastend von den schweren Schicksalen der Familien zu erfahren?

Viele Schicksale gehen einem schon sehr ans Herz. Man lernt dadurch aber auch was im Leben wirklich wichtig ist und nimmt eigene kleine Probleme des Alltags nicht so ernst. Wenn man dann sieht, wie viel Kraft ein Kind aus einer Wunscherfüllung schöpft und wie es sein weiteres Leben positiv beeinflusst, gibt einem das auch selbst unheimlich viel positive Energie. Auch die Freude und Dankbarkeit der Eltern ist immer wieder beeindruckend. Zudem haben wir ja nicht nur mit schwerstkranken Kindern zu tun, da wir ja auch Wünsche von Kindern mit unterschiedlichen Behinderungen erfüllen. Viele verwechseln uns immer noch mit dem Sternentraum Kinderhospizdienst, der sozusagen eine Schwester von uns ist, und Familien mit einem lebendverkürzend erkrankten Kind dauerhaft zur Seite steht. Wir haben den gleichen Gründer (Paul Peter Engert), sind aber in sehr unterschiedlichen Bereichen tätig. Zwischen dem Verein Sternentraum 2000 e.V und dem Kinderhospizdienst Sternentraum gibt es natürlich auch Überschneidungen, in der Form, dass uns Wünsche von betreuten Familien des Kinderhospizdiensts weitergeben werden, oder auch wir manchmal Familien die weitere Betreuung durch den Kinderhospizdienst Sternentraum empfehlen und über deren Arbeit informieren.

Was war Ihre schönste Wunscherfüllung?

Natürlich ist es immer besonders toll, wenn man selbst bei einer Wunscherfüllung dabei ist und die Emotionen hautnah miterlebt. Ein Treffen mit Sunrise Avenue backstage im Ludwigsburger Schloss war so ein Beispiel für mich. Als der Sänger Samu Haber dann noch während des Konzerts ein Lied dem Sternentraum Kind widmete, das war auch für mich ein unbeschreiblicher Moment. Wir sind jedoch selbst nicht unbedingt persönlich dabei. Ich freue mich aber immer sehr, wenn die Familien nachher voller Freude und Dankbarkeit vom Erlebnis berichten. Bei einigen Wünschen bekam ich sogar noch während der Wunscherfüllung erste Fotos oder Videos per Whatsapp und war fast live dabei.

Ist es schwierig die Wünsche zu erfüllen?

Das kann man im Vorfeld gar nicht so genau sagen. Manchmal denkt man das wird ganz einfach und dann bekommt man keine Antwort oder es stellen sich unerwartet Probleme ein. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, wie schwer es ist in einer so modernen Stadt wie Monte Carlo (Besuch beim Zirkusfestival) ein rollstuhlgerechtes Zimmer zu bekommen. Dann wurde vor Anreise auch noch der Hinflug annulliert und wir mussten schnellstmöglich Ersatz finden. Dann gibt es Wünsche wie z.B. Ronaldo treffen, die fast unmöglich hinzubekommen scheinen und unser Wunscherfüller Jürgen Manhalter schaffte es doch. Leider hat Ronaldo inzwischen den Verein gewechselt und ein neuer Ronaldo-Wunsch konnte deshalb bisher nicht erfüllt werden. Manchmal muss man dann mit den Kindern über eine Alternative sprechen. Meistens bekommen wir große Unterstützung bei Wunscherfüllungen und viele sind begeistert, wenn sie uns helfen können. Bei schwierigen Wünschen hilft dann oft auch ein kurzes Brainstorming mit den Kollegen bei unseren Teamsitzungen, um auf neue Ideen und Ansätze zu kommen. Jede Wunscherfüllung erweitert zudem unser Netzwerk und hilft bei zukünftigen ähnlichen Wünschen.

Wie finanziert Sternentraum das denn?

Überwiegend durch Spenden von Firmen und Privatpersonen. Immer wieder kommt es zum Beispiel vor, dass bei runden Geburtstagen auf Geschenke verzichtet wird und der Jubilar stattdessen darum bittet, etwas an Sternentraum zu spenden. Außerdem kann man bei uns Mitglied werden. Das geht schon ab 6 Euro Jahresbeitrag. Damit finanzieren wir zum Beispiel unsere Flyer. Wir alle, einschließlich des Vorstands, sind ehrenamtlich tätig, so dass hier keine Kosten anfallen und die Spenden auch da ankommen, wofür sie gedacht sind.

Lehnt Sternentraum auch Wünsche ab?

Ja, wenn sie nicht aus der Region kommen, also außerhalb vom Rems-Murr-Kreis und den angrenzenden Landkreisen. Dann müssen wir sie leider ablehnen, da uns der persönliche Kontakt sehr wichtig ist. Oft ist es aber eher gegenteilig, dass sich betroffene Familien mit einem behinderten oder chronisch kranken Kind aus der Region gar nicht an uns wenden, weil sie denken wir erfüllen nur den letzten Wunsch von sterbenskranken Kindern. Sie sind oft sehr überrascht, wenn wir ihnen erklären, dass auch ihr Kind von uns einen Wunsch erfüllt bekommt. Hier müssen wir noch viel Aufklärungsarbeit leisten.

Welche Voraussetzungen braucht man denn, um als Ehrenamtlicher für Sternentraum tätig zu sein?

Jeder kann das machen, wenn er es gerne möchte. Sowohl der Zeitaufwand, als auch das persönliche Einsatzgebiet kann dabei individuell auf die eigenen Kenntnisse, Vorlieben und persönliche Umstände abgestimmt werden. Wir sind auch dankbar für Leute die uns bei Büroarbeit, Informationsveranstaltungen oder im IT-Bereich unterstützen, wenn Sie selbst keine Wünsche erfüllen möchten. Auch bei der Organisation von Events kann sich jeder einbringen, wie er kann und möchte.

Was für Events sind das denn?

Wir versuchen hier die Wünsche der Familien zu berücksichtigen und haben schon Vielfältiges angeboten. Da gab es z.B. ein großes Fliegerfest, Tanzkurse mit einem wunderbaren Abschlußball in der Schwabenlandhalle, eine Poolnight im Wonnemar, ein Western-Event auf dem Reiterhof, eine Piratenfahrt auf dem Neckar und vieles mehr. Es gibt Events mit dem Hintergrund der Inklusion, aber auch welche, bei denen betroffene Familien einfach mal unter sich sein können. Auch für unser 2020 hatten wir tolle Dinge geplant, die wir wegen der aktuellen Lage aber leider absagen mussten.

Wie beinflusst Corona sonst zur Zeit ihre Arbeit?

Home-Office ist für uns kein Problem, da wir als Ehrenamtliche ja eigentlich immer von zu Hause aus agieren. Unsere monatlichen Teamsitzungen fallen gerade leider aus. Und viele Wunscherfüllungen sind momentan nicht realisierbar, da Konzerte verschoben wurden, Fernsehproduktionen ohne Publikum stattfinden, Reisen nur eingeschränkt möglich und einige Tier- und Freizeitparks noch geschlossen sind. Da müssen gerade einige Kinder Geduld haben. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir auch in 2020 noch einige Kinderaugen zum Leuchten bringen.

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